Funkamateur 12/83

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Funkamateure entwickeln Amateurcomputer "AC1" (1)

Dipl.-Ing. F. HEYDER - Y42SO

Gegenwärtig ist auch im internationalen Amateurfunkdienst immer mehr der Einsatz von Mikrorechnern zur Unterstützung der Betriebsabwicklung zu beobachten. Mikrorechner eröffnen aufgrund ihrer freien Programmierbarkeit auch dem Funkamateur Möglichkeiten, wie RTTY-Displays, Morsegeber und Morse­dekoder, Entfernungsberechnung nach QTH-Kennern, Contesthilfen usw., die mit konventioneller Elektronik und den dem Funkamateur zur Verfügung stehenden Mitteln nur mit Schwierigkeiten oder gar nicht realisierbar waren. Bei uns sind bis jetzt komplette Mikrorechner für Klubstationen und Funkamateure so gut wie nicht erhältlich bzw. viel zu kostspielig, andererseits werden aber seit geraumer Zeit Mikrorechnerschaltkreise im Amateurhandel preiswert angeboten. So ist festzustellen, daß sich solche Funkamateure, die über das entsprechende Wissen verfügen und Zugang zu notwendigen Hilfsmitteln haben, ihre Mikrorechner (meist RTTY-Displays) selbst bauen und programmieren. Damit bleiben den Funkamateuren, die auch gern einen Mikrorechner im Amateurfunk nutzen wollen, und die nicht über solche Voraussetzungen verfügen, die Vorzüge dieser Technik vorläufig versperrt. Außerdem macht ein solcher Entwicklungsgang einen unkomplizierten Programmaustausch mehr oder weniger unmöglich.
Die meisten Eigenbaumikrorechner unterscheiden sich in ihrem Aufbau soweit voneinander, und da genügen meist schon die kleinsten Konfigurationsunterschiede, daß ein Programm nicht mehr ohne Änderung auf einen anderen Mikrorechner übertragbar ist. Mitunter kann der Aufwand auch so groß werden, daß es einfacher sein wird, ein solches Programm vollständig neu zu schreiben. Aber wer möchte sich schon mehrere Wochen oder Monate hinsetzen und z.B. das Programm für ein RTTY-Display erstellen und erproben, wenn es auch möglich wäre, ein fertiges Programm innerhalb weniger Minuten von einem normalen Kassettenbandgerät in den Mikrorechner zu laden. Voraussetzung dafür sind aber die gleiche Konfiguration und Adressenverteilung, gleiche Schnittstellen, die Gleichheit des externen Speicheraufbaus, also die Verwendung eines einheitlichen Mikrorechners.
Oder anders gesagt, gerade für die Anwendung auf dem Gebiet des Amateurfunks wäre es wünschenswert, wenn möglichst viele Anwender der Mikrorechentechnik über die gleiche Hardware verfügen, um so eine problemlose Austauschbarkeit der Programme zu ermöglichen. Damit könnten viele Funkamateure und Klubstationen die Vorteile der Mikrorechentechnik nutzen, auch solche, die einen Mikrorechner nicht selbst entwerfen oder programmieren können.
Nicht zuletzt aus diesem Grund beschäftigte sich das Kollektiv Y21YO, Y23FO und Y42SO im Rahmen des Referats Nachrichtentechnik beim Präsidium des Radioklubs der DDR mit dieser Thematik und stellte sich die Aufgabe, einen Mikrorechner für Funkamateure zu entwickeln. Dabei standen folgende Gesichtspunkte im Vordergrund:

- Entwicklung eines erweiterungsfähigen Grundgerätes;
- Verwendung nur von Bauelementen, die für Funkamateure in der DDR erwerbbar sind;
- Nachbausicherheit durch unkomplizierten modularen Aufbau der Schaltung;
- Aufbau des Gerätes auf einer einzigen Leiterplatte (dadurch entfallen Steckverbinder und Rückverdrahtung);
- Organisierung einer Bezugsmöglichkeit für die Leiterplatte;
- Möglichkeit zur Nutzung eines normalen Kassettenbandgerätes als externen Programmspeicher;
- Entwicklung von Standardprogrammen (Grundsoftware);
- Nutzung eines normalen Fernsehgeräts als Display;
- Organisierung einer zentralen Programmiermöglichkeit für die in EPROMs gespeicherte Grundsoftware;
- minimierter finanzieller Aufwand;
- minimaler Meßgeräteaufwand zur Inbetriebnahme.

Bevor mit dem Schaltungsentwurf begonnen wurde, mußte erst einmal geklärt werden, welcher Mikroprozessortyp eingesetzt wird. Für die Realisierung einer solchen Aufgabe stehen in der DDR zwei Mikroprozessortypen zur Verfügung, der U 808 D und der U 880 D. Aus mehreren Gründen, wie z.B. eingeschränkte Interrupt- und Erweiterungsmöglichkeiten, ein vom heutigen Stand aus gesehen unkomfortabler und speicheraufwendiger Befehlssatz, umfangreiche Zusatzelektronik für die ZVE, die einen insgesamt zu großen Aufwand nach sich ziehen, schied der Einsatz der U 808 D von vornherein aus. Die Wahl fiel also auf die Verwendung des Mikroprozessorsystems der II. Leistungsklasse des VEB Funkwerk Erfurt mit der ZVE U 880 D. Aufgrund des hohen Integrationsgrades dieser Bausteinfamilie ist es mit wenigen Schaltkreisen bereits möglich, Minimalkonfigurationen zu erstellen.
Entsprechend den obengenannten Gesichtspunkten wurde der Amateurcomputer "AC1" auf der Basis des Mikroprozessors U 880 D entworfen, aufgebaut und getestet. Ziel der Arbeit konnte es nicht sein, ein Spitzengerät zu entwickeln. Es sollte ein möglichst unkompliziertes Gerät unter Verwendung für den Funkamateur vorhandener Bauelemente, mit vielseitigen Einsatzmöglichkeiten sein. Aufgrund der Parameter des eingesetzten Mikroprozessorsystems und des auf Erweiterungen ausgelegten Konzepts dürfte dieses Gerät innerhalb der nächsten Jahre vielen Anforderungen gerecht werden. Der Aufwand für den Amateurcomputer "AC1", Tastatur und Fernsehgerät ausgenommen, liegt in der Größenordnung einer Digitaluhr oder eines Zählers. Das Versuchsmuster des Amateurcomputers "AC1" hat sich bis jetzt als Programmentwicklungshilfsmittel, Morseschreibmaschine und RTTY-Display bewährt, und es konnte auch schon auf Amateurfunktreffen vorgestellt werden.

Gesamtübersicht

Im Folgenden soll kurz das Grundkonzept des Amateurcomputers "AC1" erläutert und ein Überblick über seine technischen Daten gegeben werden, bevor dann näher auf seine einzelnen Komponenten eingegangen wird. In Bild 1 ist der Aufbau des Grundgerätes schematisch dargestellt. Einige Erweiterungsmöglichkeiten sind gestrichelt angedeutet.

Auf der Grundleiterplatte sind die beiden Hauptbaugruppen Rechnerteil und Bildschirmsteuerung untergebracht. Das Rechnerteil besteht aus der zentralen Verarbeitungseinheit (ZVE bzw. CPU), dem Programm- und dem Arbeitsspeicher, einem Zähler und Zeitgeber (CTC), einem parallelen Ein/Ausgabe-Schaltkreis (PIO) sowie der notwendigen Steuerelektronik. Die Bildschirmsteuerung enthält den Bildwiederholspeicher und die gesamte Elektronik, die zur Erzeugung eines BAS-Signals notwendig ist. Mit Hilfe eines Modulators, der wahlweise auf die Grundleiterplatte aufgesetzt werden kann, kann ein VHF- oder UHF-Fernsehsignal erzeugt werden, so daß am Fernsehgerät keine Veränderungen vorzunehmen sind. Über die PIO des Rechnerteils sind eine alphanumerische Tastatur sowie die Adapter für CW, RTTY und später dann auch für die Datenspeicherung auf Magnetband angeschlossen.
Auf Bustreiberschaltkreise wurde verzichtet, da sie für das Grundgerät nicht notwendig, außerdem z.Z. noch schwer beschaffbar sind. Alle zur Erweiterung notwendigen Bussignale sind herausgeführt. Als vorgesehene Erweiterungsmöglichkeit ist eine Speichererweiterungsbaugruppe eingezeichnet, die z.B. für größere Programme notwendig ist. Diese und weitere Baugruppen sind dann über eine gemeinsame Bustreiberbaugruppe anzuschließen. Zum entsprechenden Zeitpunkt wird auch für diese Baugruppen eine Bauanleitung veröffentlicht werden.
Die Stromversorgung aller Baugruppen erfolgt über ein Netzteil. Die Realisierung des Netzteiles und des Gehäuses soll entsprechend den vorgegebenen Parametern weitgehend den Möglichkeiten des einzelnen Funkamateurs überlassen werden.

Technische Daten des Amateurcomputers "AC1"

Rechnerteil:
ZVE mit 158 Grundbefehlen
Taktfrequenz 2 MHz; 1,33 MHz; 666 kHz
4 Zähler/Zeitgeber-Kanäle, frei verfügbar
16 Ein/Ausgabe-Leitungen mit 4 Quittungssignalen (8 Leitungen für die Tastatur belegt)
max. 4 KByte Programmspeicher (U 555)
1 (2) KByte Arbeitsspeicher (U 202)
jeweils 8 Auswahlsignale für Speicher und Peripherie, schon vorhanden

Bildschirmteil:
16 Textzeilen a 64 Zeichen
Zeichengenerator U 402 mit 64 alphanumerischen Zeichen (Großbuchstaben, Ziffern und Zeichen)
Videobandbreite max. 4 MHz
Zeilenfrequenz 15,873 kHz
Bildfrequenz 49,6 Hz
wahlweise BAS-Videosignal oder moduliertes VHF- bzw. UHF-Signal

Stromversorgung:
Leistungsaufnahme von Grundleiterplatte und Tastatur etwa 10W
benötigte Spannungen +5 V/-5 V/+12 V/-12 V

Erweiterungsfähigkeit:
Speicher bis max. 64 KByte
Peripherie bis max. 256 E/A-Adressen

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